Am 8. Mai haben zahlreiche Laufveranstaltungen stattgefunden, da fiel die Qual der Wahl schwer!
Ich bin dieses Jahr mal nicht beim Wings for Life mitgelaufen ( Mit Willi beim Wings for Life | runnershistory ) sondern habe ich mich in die Hauptstadt Portugals aufgemacht, um mit dem dortigen Halbmarathon in die neue Laufserie der Super Halfs (ich werde berichten…) einzusteigen. Und – Madre de Deus! – wenn hier Start und Zielpunkt keine Themen für Runnershistory sind!
Fangen wir mit dem Start an: da muss ich ohne den geringsten Hauch eines Zweifels zugeben, dass ich noch keinen Lauf mit einer derart spektakulären Startaufstellung erlebt habe! Gestartet wird hier nämlich auf der gewaltigen Ponte 25 de Abril, die den an dieser Stelle über 2 km breiten Tejo kurz vor seiner Mündung in den Atlantik überspannt. Normalerweise führt über die Brücke eine dreispurige Autobahn, die jedes Jahr anläßlich des Halbmarathons einfach mal gesperrt wird. An den Start gelangt man hier nur mit der Straßenbahn, die unterhalb der Autobahn, aber immerhin noch 70 m über der Wasseroberfläche verläuft.


Klar erinnert die Brücke an die Golden Gate Bridge in San Francisco. Auch wenn sie einen Tick kleiner sein mag, ist sie aber immer noch ungeheuer beeindruckend! Errichtet wurde sie in der heute kaum glaubhaft wirkenden Bauzeit von 4 Jahren, zwischen 1962 und 1966. Die Eröffnung fand sogar 6 Monate vor der anvisierten Fertigstellung statt! Zunächst erhielt die Brücke den Namen Ponte de Salazar nach dem damaligen portugiesischen Premierminister. António de Oliveira Salazar – eine schwierige Persönlichkeit! Im Prinzip war Salazar seit 1932 diktatorischer Alleinherrscher Portugals; am Ende seiner Amtszeit (seinem Tod) 1970 war Portugal das Armenhaus Europas (mit der erschreckenden Analphabetenrate von 40 %), zudem noch verwickelt in Kolonialkriege in Afrika und Südasien. Erstaunlicherweise erfreut sich Salazar trotzdem in Portugal noch einiger Beliebtheit. Seinen Namen hat die Brücke aber – keine Überraschung ! – nicht behalten. Sie wurde in „Brücke des 25. April“ umbenannt, dem Jahrestag der sog. Nelken-Revolution, die 1974 (4 Jahre nach Salazars Tod) die Diktatur in Portugal beendete. Zur Nelken-Revolution möchte ich jetzt gar nicht viel schreiben, das ist eigentlich auch nicht mein Fachgebiet. Ich kann da nur den Rat geben, wer auf einfachem, unterhaltsamem Weg mehr zum Thema erfahren will, hier einfach einen spannenden, gut recherchierten Roman zum Thema zu lesen. Und den gibt es mit Pascal Merciers „Nachtzug nach Lissabon“ auch tatsächlich. Wer die 500 Seiten des Taschenbuchs scheut, es gibt da auch eine sehr anständige Verfilmung mit Jeremy Irons, in der man die Geschichte des wunderbaren „Goldschmiedes der Worte“ Amadeu de Prado genau so schön nachempfinden kann.
Doch zurück auf die Brücke des Salazar vom 25. April und einmal flockig 21,1 km quer durch das chillige Lissabon gelaufen – die Laufzeit verging „wie im Flug“, Wetter und Stimmung waren brasilianisch! Der Ziel-Einlauf dieses Halbmarathons ist tatsächlich genauso spektakulär wie sein Start. Das Ziel befindet sich nämlich direkt am Zugang zum Hieronymitenkloster in Belem. Ein Kloster wie von einem Zuckerbäcker, Weltkulturerbe, eine der Top-Sehenswürdigkeiten Lissabons. Da wird es natürlich auch noch eine Story geben!
